Sinn und Zweck von BCAA

Die sogenannten verzweigtkettigen Aminosäuren namens BCAA, galten noch vor wenigen Jahren als eines der effektivsten und wichtigsten Nahrungsergänzungsmittel im Kraftsport und Bodybuilding. Ob dieser Trend gerechtfertigt ist und ob die BCAAs einen wirklichen Mehrwert bringen, verlangt eine etwas genauere Betrachtung.

Zunächst gilt es zu erläutern, um welche Aminosäuren es sich genau handelt. Die Abkürzung BCAA steht für „branched chain amino acids“, und dabei handelt es sich um die drei essenziellen Aminosäuren Valin, Leucin und Isoleucin. Essenzielle Aminosäuren kann der menschliche Körper nicht selbst herstellen. Sie müssen somit regelmäßig über die Nahrung zugeführt werden. Nicht-essenzielle Aminosäuren kann der Körper wiederum aus den aufgenommenen Nahrungsmitteln selbst zusammesetzen.
Die drei genannten Aminosäuren spielen beim Muskelaufbau deswegen eine entscheidende Rolle, da sie das Protein „mTor“ aktivieren. „mTor“ spielt im menschlichen Körper eine große Rolle für die Muskelproteinsynthese, also den Aufbau neuer Proteinstrukturen, und hat somit einen direkten Einfluss auf das Muskelwachstum.

Muskelaufbau und Leistung

Die Nährstoffaufnahme durch Nahrungsergänzungsmittel in Kombination mit BCAA ist gerade bei Kraftsportlern weit verbreitet. Diese erhoffen sich durch die Einnahme vor allem positive Effekte auf den Muskelaufbau und die Leistungsfähigkeit. Tatsächlich dokumentieren mehrere Studien eine positive Auswirkung von Supplementen, welche BCAA enthielten, auf den Kraftzuwachs und Muskelaufbau.
Schwedische Forscher konnten außerdem herausfinden, dass eine BCAA-Protein-Einnahme in Kombination mit Kohlenhydraten nach dem Ausdauertraining einen starken Einfluss auf die Signalwege im Muskel hat. So erfolgte nach der BCAA-Supplementierung eine größere Stimulation als nach einem reinen Krafttraining.

Schnellere Erholung der Muskulatur

Mehrere Studien zeigen positive Auswirkungen der drei Aminosäuren Valin, Leucin und Isoleucin auf die Erholung der Muskulatur nach einem Training. Entsprechend kann also die These aufgestellt werden, dass Nahrungsergänzungsmittel mit BCAA sich zwar nicht direkt auf die sportliche Leistung auswirken, aber nach einem Training einen gewissen Nutzen aufweisen können.

Muskelschwund

BCAA wird neben den positiven Effekten beim Muskelaufbau auch positive Eigenschaften beim Entgegenwirken eines Muskelschwunds zugeschrieben. Diese Gefahr besteht zum Beispiel bei Menschen im Rahmen einer strengen Diät oder langanhaltender sportlicher Inaktivität. Eine Studie mit 17 Kraftsportlern ergab, dass die Einnahme von BCAA den Abbau der Muskulatur verringern konnte. Ähnliche Ergebnisse zeigten Studien mit älteren Probanden oder Menschen, die aufgrund von Krankheiten zu einer Bettruhe gezwungen waren. So konnte eine proteinreiche Kost in Zusammenhang mit der Gabe von Leucin den Muskelschwund verlangsamen.

Reduktion der Ermüdung

Während eines hochintensiven Trainings kommt es schneller zu mentalen Erschöpfungs- und Ermüdungsreaktionen, was sich direkt auf die Leistungsfähigkeit auswirkt. In einigen Studien konnte man beobachten, dass die Einnahme von verzweigtkettigen Aminosäuren die mentale Erschöpfung während des Trainings reduziert. Dies hätte im Umkehrschluss theoretisch zur Folge, dass die Trainingsleistung aufgrund der höheren Motivation länger aufrechterhalten bleibt.

Es steht also die Frage im Raum, ob BCAA-Gruppen oder doch andere Proteine für die positiven Effekte verantwortlich sind.

Tatsächliche Wirkung

Während die meisten Athleten noch vor wenigen Jahren die Wirkung der drei Aminosäuren Valin, Leucin und Isoleucin in den Himmel lobten, wird die Sinnhaftigkeit von BCAAs immer weiter angezweifelt. Ungeachtet der Kritik an BCAA im Vergleich mit EAA („essential amino acids“) oder einem guten Whey-Protein, gibt es einige theoretische Grundlagen und Studienarbeiten zu anderen Vorteilen, welche BCAA bieten können: eine Reduzierung der mentalen Erschöpfung im Training sowie eine bessere Erholung der Muskulatur.

Ob BCAA nun sinnvoll sind, kommt ganz auf die Umstände an. Es muss klar erwähnt werden, dass für Menschen mit einer niedrigen Nahrungsproteinaufnahme eine zusätzliche Supplementierung von essenziellen Aminosäuren in Form von BCAA durchaus sinnvoll ist. Denn vor allem das Leucin spielt eine wichtige Rolle bei der Muskelproteinsynthese. Generell kann gesagt werden, dass sportlich aktive Menschen einen täglichen Proteinbedarf von 1,2 bis 2,0 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht haben. Ein Bedarf, der in Bereiche von zwei Gramm geht, muss über natürliche Eiweißquellen und ein Protein-Supplement gedeckt werden.


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