Die einen schwören auf morgens, die anderen auf den Abend: Welche Tageszeit für ein effektives Fitnessprogramm am besten ist, darüber streiten die Trainierenden. Fragt man die Sportwissenschaft, lautet die Antwort: Es kommt darauf an.
Der Frühsport am Morgen auf nüchternen Magen sei am effektivsten, sagen die Einen. Die Anderen schwören auf ihr abendliches Trainingsritual. Und in Zeiten von Homeoffice haben viele die Fitness-Einheit am Mittag als den effektiven Kick zur richtigen Zeit für sich entdeckt. Morgens, mittags, abends: Was ist also die beste Tageszeit für ein effektives Fitness-Training? Die Sportwissenschaft hat auf diese Frage keine eindeutige Antwort. Denn welche Zeit am Tage die jeweils beste sein könnte ist eine Einzelfall-Frage. Heißt: „Unsere Fitness schwankt in derselben Tagesrhythmik wie unsere Leistungsfähigkeit im Job“, sagt Christine Joisten, Professorin an der Deutschen Sporthochschule Köln. Grund: Die richtige Trainingszeit ist vor allem abhängig von unserem Biorhythmus und den Stresshormonen.
Die innere Uhr
Der Biorhythmus, unsere „innere Uhr“, zeigt unsere Tagestiefs und -hochs an, also wann wir durchstarten können und wann wir durchhängen. Und dieser Biorhythmus wirkt sich auf unsere Organe, aber auch auf unser Immunsystem aus. So setzt bei Infektionen Fieber meist vormittags, bei Viruserkrankungen dagegen meistens am frühen Abend ein. Herzinfarkte häufen sich morgens – wenn der Blutdruck erhöht ist – Schlaganfälle strecken ihre Opfer vornehmlich im Dunkeln nieder. Und unter Zahnschmerzen leiden wir frühmorgens viermal so stark wie am Nachmittag. Alle diese biorhythmischen Prozesse werden in einem reiskorngroßen Areal in unserem Hirn gesteuert. Der sogenannte „suprachiasmatische Nucleus“ steuert unsere körperliche Leistungsfähigkeit im 24-Stunden-Takt. Er bestimmt, wann wir wach sind, wann wir am besten schlafen – und auch wann die beste Tageszeit für das Fitnesstraining ist.
Eng verbunden mit dem Biorhythmus sind die Hormone, denn ihre Ausschüttung wird vom Biorhythmus gepusht. Zum Beispiel das Stresshormon Kortisol. Ein Hormon das eine gute und eine schlechte Seite hat. Die schlechte: Wie der Name schon sagt, es stresst Körper und Geist. Die gute: Es sorgt dafür, dass du konzentriert und fit bist. Wichtig im Job, aber auch für ein erfolgreiches Training. Mit dem du wiederum die Ausschüttung des Stresshormons kontrollieren, und somit das Kortisol in seinen natürlichen und gesunden Grenzen halten kannst. Heißt: Um die richtige Tageszeit für dein Training zu finden, horche in dich hinein. Dein Körper gibt dir die richtige Antwort. Trotzdem: Für jede Tageszeit gibt es Pros und Kontras. Wir haben für euch die Argumente zusammengestellt.
Morgenstund hat Gold im Mund?
Für das Training am Morgen spricht dass zu dieser Zeit die Kortisol-Konzentration im Blut am höchsten ist. Kortisol pusht Blutdruck, Puls und Körpertemperatur. Damit ist unser Körper am besten auf Ausdauersport vorbereitet. Und wer morgens trainiert, hat für den restlichen Tag ein gutes Gefühl und mehr Energie. Außerdem: Die Fitnessstudios sind zu dieser Tageszeit meist wenig frequentiert, so kann man sein Workout ohne längere Wartezeiten an den Geräten durchziehen. Wer zum Früh-Training neigt, sollte allerdings beachten, dass Gelenke und Muskeln nach dem Aufwachen noch unbeweglich und steif sind. Ein ausgiebiges Aufwärmen ist also wichtig, um richtig in Fahrt zu kommen. Und: Wer abnehmen will, sollte morgens zum Training gehen. Eine Studie der University of Ottawa in Kanada belegt, dass ein Training vor dem Frühstück einen höheren Fettverbrennungs-Effekt erzielt als ein Workout nach der Morgen-Mahlzeit.
High Noon
Anstatt sich den Magen vollzuschlagen, trainieren? Eine gute Idee. Denn wenn der Vormittag stressig war, kann ein Workout am Mittag Energie für den restlichen Arbeitstag zurückbringen. Oftmals ergibt sich dabei auch die Gelegenheit gemeinsam mit ArbeitskollegInnen zu trainieren. Das fördert die Motivation – für Training und Job. Nachteilig ist, dass die Mittagspause zeitlich begrenzt ist, um das Training unterzubringen. Wenn das Workout zum Stress wird, macht ein Mittagstraining keinen Sinn. Und: Erst trainieren, dann ein leichtes Mahl zu sich nehmen.
Nachmittagssport
Eigentlich die beste Zeit. Denn zwischen 16 und 19 Uhr laufen die meisten Menschen zur täglichen Topform auf. Sagt zum Beispiel Ingo Froböse, Sportexperte der Deutschen Sporthochschule Köln. Zu dieser Tageszeit erreichen Puls, Blutdruck, Atemfrequenz, Muskelkraft und Geschicklichkeit das maximale Tageshoch. Der Biorhythmus hat sein Tageshoch erreicht. Also der perfekte Zeitpunkt für ein intensives Krafttraining oder eine anstrengende Ausdauereinheit, um die besten Trainingseffekte erzielen.
Abendrunde
Wer nach der Arbeit ins Fitnessstudio geht, kann den Tag perfekt mit einem Training abarbeiten. Allerdings solltest du rechtzeitig vor 21 Uhr damit beginnen. Denn ab 21 Uhr fährt dein Körper die Leistungsfähigkeit herunter. Das Herz-Kreislauf-System geht auf Sparmodus, der Körper bereitet sich auf den Schlaf vor. Wer dagegen spätabends exzessiv trainiert und damit den Kreislauf wieder auf Touren bringt, riskiert Probleme mit Ein- und Durchschlafen. Also kein High-Intensity-Training, sondern eher mit Yoga den Körper sparsam in Wallung bringen. Und mindestens zwei Stunden vor dem Zubettgehen das Training beenden.
Fazit: Eine pauschale beste Uhrzeit für dein Training gibt es nicht. Am effektivsten ist es, wenn du dich an deinem natürlichen Biorhythmus orientierst. Wer seine persönliche Trainingszeit nicht findet, trainiert weniger effektiv. Aber wie auch immer du trainierst, eins gilt auf jeden Fall: Jede Trainingstageszeit ist besser als gar kein Training!