Meditation und Entspannung

Fußball-WM 2006: Deutschland vs. Argentinien im Elfmeterschießen. Es geht um den Einzug in das Halbfinale. Die Spannung ist sogar für den Zuschauer kaum auszuhalten. Es stehen ausschließlich Weltklasseathleten mit jahrelanger Trainingserfahrung auf dem Feld. Jeder ist theoretisch in der Lage zu treffen. Im Endeffekt kommt es ausschließlich darauf an, wer die Nerven behält und wer nicht. Wie das Spiel ausging, ist bekannt.

Insbesondere im Leistungssport kommt es darauf an, Höchstleistung auf Abruf zu erbringen. Solche Leistungen können jedoch nicht unbegrenzt abgerufen werden. Daher ist eine Balance zwischen Leistung und Ruhe sehr wichtig. Um Leistung erbringen zu können, ohne zu überlasten, spielt die Entspannungs- und Konzentrationsfähigkeit daher eine wichtige Rolle im Training eines jeden Athleten.

Fokus und Konzentration

Im Sport und besonders im Leistungssport geht es genau darum: eine Leistung zu einem entscheidenden Zeitpunkt abzurufen, denn dies entscheidet über Erfolg und Misserfolg. Was vor oder nach dem Spiel passiert, interessiert allerdings kaum jemanden. So einen nervenaufreibenden und konzentrierten Zustand kann jedoch niemand dauerhaft aufrechterhalten. In Schlüsselsituationen ruhig und konzentriert zu bleiben, kann und muss folglich trainiert werden.

Für einen erfolgreichen Athleten ist es daher neben dem Training der Konzentrationsfähigkeit genauso wichtig zu lernen, sich zu entspannen, um die Regenerationsphase zu nutzen und anschließend wieder Leistung erbringen zu können.

Die oben beschriebenen Faktoren lassen sich durch physische und mentale Trainingsmethoden steuern. Diesbezüglich gibt es verschiedene mentale Trainingsinstrumente, die die Leistungs- und Regenerationsfähigkeit beeinflussen können. Der Schwerpunkt liegt dabei auf verschiedenen Meditationsarten und der progressiven Muskelentspannung nach Jakobsen.

Meditation ist eine Praxis, die bereits seit Jahrhunderten Anwendung findet. Mithilfe von Konzentrations- und Entspannungsübungen sowie der Muskelentspannung soll gelernt werden, äußeren Einflüsse loszulassen, die eigene innere Ruhe zu finden und sich auf den jetzigen Moment zu konzentrieren. Dafür gibt es keine einheitlichen Regeln, denn Meditation ist etwas, das jeder individuell mit sich selbst erlebt. Für den Praktizierenden gibt es dabei auch keine räumliche Beschränkung, denn es handelt sich bei der Meditation um eine innere Einstellung, die für den Meditierenden in der Regel immer und überall abrufbar ist.

Effekte im Sport

Bei den mit dieser Praxis erreichbaren Qualitäten handelt es sich um Verbesserungen der Selbstkontrolle, Gelassenheit, Affekttoleranz und Konzentrationsfähigkeit. Eine systematische Übersichtarbeit kommt zu dem Ergebnis, dass Meditation einen positiven Einfluss auf die sportliche Leistung haben kann. Gleichzeitig weisen die Autoren auf mögliche Verzerrungen der eingeschlossenen Studien hin und fordern weitere randomisierte kontrollierte Studien. Eine weitere Metaanalyse kommt zu der Schlussfolgerung, dass Meditation sowohl auf physiologische als auch auf psychologische Parameter einen positiven Einfluss aufweist und eine sinnvolle Trainingsmaßnahme vor allem für Präzisionssportarten darstellt, insofern Meditation die Achtsamkeit sowie die emotionale Intelligenz der Spieler erhöht. Daraus lässt sich allerdings nicht ableiten, ob diese Parameter die Treffsicherheit oder den sportlichen Erfolg positiv beeinflussen. Trotz der vielversprechenden Ergebnisse sind weitere Studien zum Einfluss von Meditation auf die sportliche Leistungsfähigkeit notwendig, um robuste Aussagen zur Wirksamkeit zu treffen.

Aus meiner Sicht wäre es zielführend, mit den Sportlern individuelle Herangehensweisen zu erarbeiten. Hierfür sind Feedbackschleifen notwendig, um herauszufinden, welche Gefühle (Angst, Freude, Traurigkeit, Wut, Scham) und Probleme den Athleten blockieren. Darauf basierend können Interventionen, wie progressive Muskelentspannung und Meditation, erprobt werden. Gerade die Selbsterfahrung in der Meditation und der progressiven Muskelentspannung ist wichtiger Punkt. Erst wenn eine Portion Selbsterfahrung mit diesen Praktiken vorliegt, können wir unsere Athleten effektiv anleiten. Das sorgt bei uns für Authentizität und Verständnis für unsere Athleten.

Das Meditationstagebuch

Mit einem Tagebuch, das der Athlet führt, kann die subjektive Wirksamkeit der Intervention sichtbar gemacht werden. In der Sportpsychologie nennt sich das Erfolgsmonitoring. Aller Anfang ist schwer, vor allem im stressigen Berufs- und Sportalltag. Viele haben das Meditieren schon einmal ausprobiert, aber nicht geschafft, es regelmäßig durchzuführen. Ein Meditationstagebuch kann dabei helfen, Regelmäßigkeit in das Vorhaben zu bringen und Gedanken sowie Fortschritte zu dokumentieren. Das Tagebuch zur Hand zu nehmen, kann vor der nächsten Sitzung motivieren und zur Durchführung aktivieren, insbesondere, wenn man sich eine Änderungsmaßnahme oder neue Technik für das nächste Mal vorgenommen hat. Das kommt schon im Moment der Aufzeichnung einer Entscheidung zur erneuten Durchführung gleich. In dem Meditationstagebuch lassen sich die einzelnen Techniken und Durchführungsschritte sowie das Gefühl danach aufzeichnen, sodass man im Nachhinein erkennen kann, welche Art der Meditation am besten geeignet ist.

Ein häufiges Problem junger Athleten ist die Ablenkung durch mobile Geräte. Hier können aus meiner Erfahrung die Meditation und Selbstbeobachtung helfen, mit mobilen Geräten bewusster umzugehen.

Auch stellt für junge Leistungssportler die schulische und sportliche Leistungserbringung häufig eine Doppelbelastung dar, was sich oft in einem erhöhten Stresslevel, Unruhe und Konzentrationsmangel widerspiegelt. Auch hier kann die Meditation oder die progressive Muskelentspannung zu Einsatz kommen, um den Jugendlichen dabei zu helfen, besser mit dem Leistungsdruck umzugehen.

Rituale schaffen

Mit Meditation zu beginnen, fällt manchmal schwer. Neuen Gewohnheiten zu folgen fällt leichter, wenn diesen Rituale zugrunde liegen. Bei der Meditation am Morgen beispielsweise wird direkt nach dem Aufwachen für zwanzig Minuten entspannt meditiert. Es ist aber auch völlig in Ordnung, mit fünf Minuten anzufangen. Dabei soll es so bequem wie möglich sein, entweder direkt neben dem Bett oder es wird ein extra Meditations-Bereich mit wenig Ablenkungsmöglichkeiten geschaffen. Man stellt einen Timer, schließt die Augen und lenkt die Aufmerksamkeit auf die Atmung. Ein gleichmütiger Geist ist hierbei besonders wichtig: Im Moment der Meditation geht es nicht um Leistung. Es gilt, sich nicht darüber zu ärgern, wenn man sich ablenkt oder abschweift. Auch hier muss man üben, mit den Gedanken ruhig zur Atmung zurückzukehren. Die Regel lautet, die Atmung neugierig zu beobachten, ohne sie bewusst zu verändern.

Ganz egal für welche Art der Meditation man sich entscheidet. Meditation und Übungen zur Muskelentspannung lohnen sich für Geist und Körper. Die Übungen sind nicht schwer zu erlernen und bereits nach kurzer Anwendungszeit stellen sich positive Veränderungen ein. Es ist zum Erlernen empfehlenswert zu Beginn geführte Meditationen zu absolvieren, da dies den Einstieg erleichtert.