Angestochen – Wie entsteht Seitenstechen?

Vor allem bei Läufern sind Seitenstiche ein bekanntes und weit verbreitetes Problem. Fast jeder kennt das lästige Ziehen, von dem aber mehrheitlich ungeübte oder mit schlechter Technik Trainierende betroffen sind.

Laufen liegt seit Langem im Trend. Wer mit diesem Sport anfängt, wird vermutlich bei seinen ersten Trainingseinheiten ein von Kindheit an vertrautes, aber fieses Zwicken spüren: das Seitenstechen, das einem manchmal die Luft abschnürt und zu einer Pause zwingt. Seitenstechen ist ein Schmerz nicht genau geklärter Ursache auf der linken oder rechten Körperseite. Links ist die Gegend der Milz, rechts die der Leber betroffen. Auf der rechten Seite spürt man das Seitenstechen meist häufiger, manchmal kann es sogar beide Seiten treffen.

Weshalb entsteht Seitenstechen?

Zu den Ursachen gibt es mehrere Theorien, aber bis heute keine gesicherte wissenschaftliche Erklärung. Aber es gibt einige recht wahrscheinliche Annahmen für den ziehenden Schmerz, der so manchen Freizeitsportler stoppt. Als eine Ursache wird häufig die zu schnelle Entleerung der Blutreserven aus Leber und Milz angenommen. Ganz oben auf der Liste der Verdächtigen steht aber der Sauerstoffmangel.

Fest steht, dass Muskeln beim Sport Sauerstoff verbrauchen und dass man unter Belastung schneller atmet. Gerade das Zwerchfell, ein Muskel im Bauchraum, wird durch eine zu tiefe und schnelle Atmung, wie sie bei intensiver körperlicher Belastung auftreten kann, stark belastet. „Es wird dann nicht mehr ausreichend durchblutet, leidet kurzfristig unter Sauerstoffmangel und meldet sich mit Seitenstechen“, erklärt Mathias Hechler, leitender Sporttherapeut am Diabetes Zentrum Mergentheim. Mit zunehmender Laufpraxis wird das Zwerchfell besser trainiert, wodurch die Anfälligkeit für Seitenstiche sinkt.

Überforderte Läufer

Die kurze Antwort, wieso Seitenstechen auftritt, lautet also: Weil das Joggen nicht richtig erlernt wird. Wer falsch läuft, riskiert seine Gesundheit. Eine Studie der AOK hat ergeben, dass dies auf gut zwei Drittel aller Freizeitläufer zutrifft. Nur knapp ein Drittel erreicht demnach durchs Laufen das eigentliche Ziel: etwas für das Wohlbefinden zu tun. Eine ältere Studie der Deutschen Sporthochschule Köln ergab, dass Freizeitsportler zu selten auf Körpersignale wie Seitenstechen, Pulsrasen oder Muskelkrämpfe achten. Vor allem Anfänger, die seit weniger als einem Jahr trainieren, haben laut der Untersuchung kaum ein Gespür dafür, wann sie sich überfordern.

Was also tun?

Klar ist, dass Seitenstiche bei starker körperlicher Belastung auftreten und untrainierte Menschen stärker damit zu kämpfen haben als gut trainierte Ausdauersportler. Für Untrainierte ist Seitenstechen ein deutliches Zeichen, dass sie sich überfordern. Wer gerade erst mit dem Laufen beginnt und häufig unter Seitenstechen leidet, sollte deshalb keinen übertriebenen Ehrgeiz an den Tag legen. Besser ist, die Trainingsintensität langsam und kontinuierlich zu steigern. Wichtig ist auch, sich vor dem Sport gründlich aufzuwärmen und gleichmäßig zu atmen. Extra-Tipp: Möglichst aufrecht laufen.

Experten sind sich auch darüber einig, dass ein voller Magen schneller Seitenstechen hervorrufen kann. „Wer vor dem Sport etwas isst, bekommt eher Seitenstechen“, erläutert Professor Rüdiger Reer, stellvertretender Leiter der Abteilung Sport- und Bewegungsmedizin der Universität Hamburg. Sportler sollten vor dem Training höchstens eine Kleinigkeit zu sich nehmen. „Eine Banane bringt Energie, den Linseneintopf sollte man besser hinterher essen“, sagt Reer. Ungünstig sind auch Getränke, die viel Kohlensäure und Fruchtsäure enthalten. Ideal ist ein stilles, natriumreiches und nicht zu kaltes Mineralwasser. Zwischen „richtigem“ Essen und Sport sollten mindestens zwei bis drei Stunden liegen.
Auch bei akuten Seitenstichen gibt es verschiedene Möglichkeiten, sie in den Griff zu bekommen. Das Tempo drosseln oder auch eine Pause einlegen und ruhig, tief und gleichmäßig in den Bauch atmen, kann schon ausreichen, um die lästigen Schmerzen wieder loszuwerden. Denn durch die bewusste Atmung wird das Zwerchfell gedehnt.
Massieren der betroffenen Stelle hilft ebenfalls, den Schmerz zu mildern, denn so wird die verkrampfte Stelle von außen entspannt. Außerdem kann es sinnvoll sein, die Arme hochzunehmen. Wer häufig unter Seitenstechen leidet, hat oft auch eine zu schwache Rumpfmuskulatur. Wenn du mit gezielten Übungen deine Bauchmuskeln stärkst, tust du also nicht nur etwas für deine Figur, sondern beugst gleichzeitig dem Seitenstechen vor. Außerdem empfehlenswert: Leichte, lockere Kleidung, welche die Atmung nicht behindert und in der man sich gut bewegen kann. Was dir letztendlich am besten hilft, lässt sich nur durch Ausprobieren herausfinden.

Wie ist Seitenstechen medizinisch einzuordnen?

Seitenstiche sind schmerzhaft, aber in der Regel harmlos. In seltenen Fällen ist es aber auch möglich, dass etwas anderes dahinter steckt: Die Stiche können unter Umständen auf Herzprobleme hinweisen, gerade wenn sie auf der linken Körperseite auftreten. Manchmal können auch Magen- oder Darmbeschwerden für Seitenstechen gehalten werden. Im Zweifelsfall sollte immer medizinisches Fachpersonal konsultiert werden.

Harmlose Seitenstiche verschwinden so schnell, wie sie gekommen sind. Und je besser du trainiert bist, je mehr Kondition du hast, desto seltener wird Seitenstechen auftreten.


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